
Wenn man täglich Pitches bekommt, weiss man, wie schnell man Entscheidungen treffen muss. Innerhalb weniger Minuten, oft sogar Sekunden, entscheidet sich, ob eine Startup-Mail weitergelesen wird oder im Papierkorb verschwindet. Genau dieses Gefühl will ein neues Online-Spiel simulieren, über das TechCrunch kürzlich berichtet hat: YC Arena – und darin besonders der „YC Partner Simulator“.
Das Prinzip ist simpel: Man sieht sich echte Pitch-Videos an und entscheidet, ob man das Startup in das Programm aufnehmen würde oder nicht. Danach erfährt man, wie andere entschieden haben, und ob man tendenziell zu streng, zu grosszügig oder einfach nur anders ist als ein typischer Y Combinator-Partner.
Zwischen Bauchgefühl und Bias
Was auf den ersten Blick wie ein Spiel wirkt, trifft in Wahrheit einen zentralen Punkt des Venture-Alltags: Subjektivität.
Das Tool zeigt deutlich, wie viele Faktoren unbewusst in Entscheidungen einfliessen – Storytelling, Körpersprache, technische Tiefe, Timing oder schlicht die Tagesform. Es macht erlebbar, wie unsicher, schnell und manchmal auch willkürlich die Realität von Investitionsentscheidungen sein kann.
TechCrunch zitiert dabei Y Combinator selbst: Bewerbungen werden oft in Minuten gescreent. Kein Datenraum, keine tiefen Analysen, kein Excel-Sheet – nur Pitch, Persönlichkeit, Energie. Das Spiel erinnert damit auch an das Risiko von „False Negatives“ – also Gründer:innen, die abgelehnt werden, aber später erfolgreich sind. In der Geschichte des Venture Capital sind davon einige Beispiele legendär.
Simulation als Lernwerkzeug
Die spannendere Frage ist: Was bringen solche Tools dem Ökosystem?
Für Gründer kann ein Simulator helfen, das Denken von Investor besser zu verstehen und zu erkennen, wo der eigene Pitch Schwächen hat. Für Studierende, VC-Fellows oder Business-Angels-Neulinge ist es ein Training im Mustererkennen und Priorisieren. Man lernt, Entscheidungen zu treffen, Unsicherheit zu akzeptieren und gleichzeitig kritisch zu reflektieren.
Aber eines sollte klar bleiben: Ein Spiel kann Komplexität nur andeuten.
Echte Investmententscheidungen entstehen im Kontext – mit Marktfeedback, Due Diligence, persönlichen Beziehungen und Erfahrung. Kein Algorithmus oder Simulator kann das vollständig abbilden.
Warum es trotzdem wichtig ist
Solche Experimente schaffen Transparenz. Sie machen nachvollziehbar, wie schnell Urteile entstehen und wie oft Intuition überwiegt. Und sie öffnen den Dialog zwischen beiden Seiten: Gründer verstehen besser, wie Investor denken – und Investor können über ihre eigenen Entscheidungsmuster reflektieren.
Vielleicht ist das am Ende die wichtigste Lektion aus dem Spiel:
Gute Entscheidungen im Venture Capital entstehen nicht durch Perfektion, sondern durch Reflexion.
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