
In der dynamischen Welt der Startups sind Themen wie Produktentwicklung, Kundenwachstum oder Fundraising allgegenwärtig. Ein Aspekt gerät dabei jedoch oft zu sehr in den Hintergrund: der Cap Table – also die Beteiligungsstruktur eines Unternehmens. Und das, obwohl genau dieser Cap Table am Ende über das Schicksal eines Startups mitentscheiden kann.
Was aber passiert, wenn dieser Cap Table nicht mehr „funktioniert“? Wenn er zu unübersichtlich, unausgewogen oder schlichtweg unattraktiv für neue Investoren geworden ist? In solchen Fällen spricht man von einem „Broken Cap Table“– und der kann zum echten Showstopper werden.
Was ist ein Cap Table – und wann ist er „broken“?
Ein Cap Table (kurz für „Capitalization Table“) zeigt übersichtlich, wer wie viele Anteile an einem Unternehmen hält, wer welche Optionen besitzt, und wie sich Verwässerungen durch Finanzierungsrunden auswirken. Im besten Fall ist diese Beteiligungsstruktur klar, durchdacht und fair.
Ein Cap Table gilt dann als „broken“, wenn die Struktur zu komplex, zu fragmentiert oder nicht mehr investierbar ist. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn:
- zu viele kleine Investoren mit Mini-Beteiligungen involviert sind,
- die Gründer:innen bereits vor der Series A stark verwässert wurden,
- frühe Investoren überproportionale Rechte erhalten haben,
- es keinen oder einen schlecht aufgesetzten Mitarbeiterbeteiligungsplan gibt.
Ein solcher Cap Table wirkt auf Investoren häufig abschreckend. Denn je mehr Personen auf der Gesellschafterliste stehen – mit individuellen Rechten und Interessen – desto schwieriger wird es, schnelle und strategisch wichtige Entscheidungen zu treffen. Im schlimmsten Fall kann das die nächste Finanzierungsrunde platzen lassen.
Wie entsteht ein „Broken Cap Table“?
Die Ursachen für eine zersplitterte Beteiligungsstruktur liegen meist in den frühen Phasen eines Startups. Oft beginnt es mit gut gemeinten, aber schlecht strukturierten Angel-Runden. Dabei werden viele kleine Investoren aufgenommen – Freunde, Bekannte, Netzwerkpartner. Jeder bekommt einen kleinen Anteil – häufig ohne langfristige Bindung, Vesting oder einheitliche Governance-Regelungen.
Auch der Wunsch, externe Dienstleister oder Berater:innen mit Equity zu bezahlen, kann zum Problem werden – insbesondere wenn zu grosse Anteile ohne Vesting vergeben werden. In manchen Fällen fließen 10 bis 15 % der Anteile an externe Unterstützer:innen, die danach nicht mehr aktiv eingebunden sind.
Ein weiteres klassisches Problem ist das Fehlen eines durchdachten ESOPs (Employee Stock Option Plan). Gerade in Europa ist das Thema komplex und steuerlich nicht immer attraktiv. Dennoch ist es essenziell, Top-Talente langfristig zu binden – und ihnen unternehmerische Anreize zu geben. Ohne ESOP fehlt oft der Platz im Cap Table, um neue Teammitglieder sinnvoll zu beteiligen.
Die drei häufigsten Ursachen für „Broken Cap Tables“
1. Übermässige Verwässerung der Gründer:innen
Wenn Gründer:innen bei der Series A nur noch 8–10 % halten, stellt sich schnell die Frage: Ist das Team noch motiviert? Haben sie noch genug Skin in the Game, um das Unternehmen langfristig zu führen?
2. Zu viele Mini-Investoren mit komplexen Rechten
Ein Cap Table mit 20+ Personen, von denen jede 0.5 % hält – das klingt nach breiter Unterstützung, ist in der Realität aber ein bürokratischer Albtraum. Gerade wenn jede Änderung einstimmig abgesegnet werden muss, wird der Cap Table zum Bremsklotz.
3. Fehlende oder schlecht aufgesetzte Mitarbeiterbeteiligung
Ein funktionierender ESOP ist nicht nur ein Signal an das Team, sondern auch an Investoren. Ohne Mitarbeiterbeteiligung wird das Startup für neue Talente unattraktiv – und für VCs komplizierter, weil nachträglich Platz im Cap Table geschaffen werden muss.
Und was nun? Wie man einen „Broken Cap Table“ wieder repariert
Die gute Nachricht: Auch wenn ein Cap Table zersplittert ist, gibt es Wege zurück. Sie sind jedoch mit Aufwand verbunden – und erfordern strategisches Denken sowie diplomatisches Geschick. Hier sind einige typische Massnahmen:
1. Cleanup – Beteiligungen bündeln oder bereinigen
Ein gängiger Weg ist die Bündelung von Kleininvestoren in Pools oder Treuhandstrukturen. Dabei wird beispielsweise ein Vertreter für eine Gruppe von Beteiligten bestimmt, wodurch Entscheidungen effizienter getroffen werden können. Alternativ können einzelne Anteile auch über einen Secondary Sale zurückgekauft oder übertragen werden.
Wichtig ist, dass solche Massnahmen frühzeitig geplant werden – mindestens sechs Monate vor einer geplanten Finanzierungsrunde. Denn Cleanups brauchen Zeit, Abstimmungen – und die Zustimmung aller Beteiligten.
2. Reverse Vesting für Gründer:innen
Wenn Gründer:innen stark verwässert wurden oder ihre Anteile ungünstig verteilt sind, kann ein Reverse Vesting helfen. Dabei wird ein Teil ihrer Anteile neu vertraglich gebunden – sie „verdienen“ sich die Anteile erneut über eine definierte Zeitspanne. So lässt sich sowohl Motivation als auch Bindung stärken – und potenzielle Investoren sehen, dass das Team langfristig an Bord bleibt.
3. Cap Table Restructuring vor der nächsten Runde
Manchmal ist ein kompletter Umbau des Cap Tables nötig – inklusive Neuverhandlung von Rechten, Reorganisation der Beteiligungsstruktur oder sogar eine Holding-Konstruktion. Hierbei helfen spezialisierte Tools oder rechtliche Konstruktionen, um wieder eine klare Linie in die Beteiligungsverhältnisse zu bringen.
Kommunikation ist der Schlüssel
Der vielleicht wichtigste Punkt bei jedem Cap Table Cleanup: Transparenz und Kommunikation. Viele Angel-Investoren sind kooperativ, wenn klar erklärt wird, warum bestimmte Massnahmen nötig sind – und wie sie langfristig dem Unternehmen (und damit auch ihren Anteilen) nutzen.
Wer offen auf Mini-Investoren zugeht und Lösungen anbietet – z. B. eine Beteiligung über einen Pool oder faire Secondaries – hat deutlich bessere Chancen, die Struktur zu bereinigen, ohne Frust oder Misstrauen zu erzeugen.
Fazit: Der Cap Table ist ein strategisches Asset
Ein „Broken Cap Table“ ist kein technisches Detail – sondern ein zentrales Governance-Thema. Wenn ein Startup wächst, Finanzierungsrunden plant oder Talente binden will, wird die Beteiligungsstruktur zur strategischen Grundlage. Ist sie unübersichtlich, ungerecht oder schwer handhabbar, können selbst vielversprechende Startups daran scheitern.
Deshalb gilt:
- Frühzeitig planen – schon vor der Seed-Phase.
- Anteile mit Bedacht vergeben – und nicht aus Panik oder kurzfristigem Druck.
- Professionelle Unterstützung einholen – juristisch, steuerlich, strategisch.
- Regelmässige Reviews des Cap Tables durchführen – spätestens vor jeder Finanzierungsrunde.
Ein klarer, gut strukturierter Cap Table ist kein Zufall. Er ist das Ergebnis kluger Entscheidungen, strategischer Weitsicht – und guter Kommunikation. Wer das beherzigt, schafft eine solide Basis für nachhaltigen Unternehmenserfolg – und hält sich alle Optionen offen.
Hinterlasse einen Kommentar